Brasilien

(21.5.2006-17.8.2006)

 

Am 21.5.2006 schmeissen wir unseren Anker in Salvador vor dem Centro Nautico do Bahia.


Salvador (früher São Salvador oder Bahia), Hafenstadt im Osten Brasiliens und Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, die auf einer Halbinsel am Eingang der Bahia de Todos os Santos liegt. Salvador ist das Wirtschaftszentrum von Bahia und bedeutender Hafen, von dem aus Kaffee, Tabak, Zucker, Baumwolle, Industriediamanten und Erdöl exportiert werden. Zu den wichtigsten Industriezweigen zählen Schiffsbau, Zuckerraffinerien, Baumwollfabriken, Getreidemühlen und Tabakfabriken. Salvador wurde an einer Steilküste erbaut und teilt sich in eine Oberstadt (Cidade alta) und eine Unterstadt (Cidade baixa), die durch Aufzüge und Seilbahnen miteinander verbunden sind. Es ist Sitz einer Universität (1946 gegründet). Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, deren historisches Zentrum von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, gehören u. a. die Kathedrale (ehemalige Jesuitenkirche) aus dem 17. Jahrhundert, eine Sakristei aus dem 18. Jahrhundert sowie die Kirche des Franziskanerklosters – ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert –, ein Hauptwerk des brasilianischen Barock. Die Stadt wurde 1549 als São Salvador da Bahia de Todos os Santos von den Portugiesen gegründet. Bis 1763 war sie die Hauptstadt und der Regierungssitz des Generalgouverneurs des portugiesischen Kolonialreiches. Während der Kolonialzeit war Salvador ein Zentrum des Sklavenhandels. 1889 wurde es Hauptstadt des Bundesstaates Bahia. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 2,55 Millionen.

Ohjee.... eine Millionenstadt, Rolf und Erni waren noch nie Freunde von Grossstädten und nach drei Monaten Kapverden wird den beiden schon bei dem Gedanken hier einiges erledigen zu müssen mulmig. Jedesmal wenn wir wieder in ein fremdes Land kommen, gilt es als erstes die Spielregeln zu begreifen. Zuerst muss einklariert werden. Bei Behörden sind lange Hosen, Hemd und geschlossene Schuhe ein muss. Wir dachten das sei nur eine Anstandsregel, ist es aber nicht, es ist tatsächlich ein muss. Später hat uns ein Franzose erzählt, dass er nicht einklarieren konnte, da er nicht stolzer Besitzer einer langen Hose sei, drei Amtsstellen hätte er in kurzen Hosen geschafft bei der vierten hätten sie ihn nicht reingelassen. Auch haben wir schon mehrmals gehört, dass die Beamten hier mehr als nur korrupt sind, also rein ins Vergnügen. Rolf schmeisst sich in Schale, macht ihm ganz fürchterlich Spass bei der Hitze. Erni soll auf dem Schiff bleiben, in der nähe von Grossstädten lässt man sein Schiff besser nicht alleine, haben wir gehört. Da noch nicht klar ist, wo man hier sein Beiboot sicher liegen lassen kann, bring Erni Rolf an Land. An einer Hafenmauer steht gross Capitaneria, wacker rudern die beiden drauf los. Da ist eine Treppe, Rolf will gerade an Land gehen, aber plötzlich hören die beiden Geschrei und sehen ein paar Knarren auf sich gerichtet. Hä....? was ist denn jetzt los? Irgend ein Mann der scheinbar was zu sagen hat, sagt was und die Wachen nehmen ihre Waffen runter und halten die Schnauze. Freundlich erklärt der Mann den beiden, dass es die Wachen halt etwas nervös mache wenn sie hier in Militärischem Gebiet rumpaddeln und rumlatschen. O.k. dann suchen wir uns halt einen anderen Anlegeplatz.

Erste Station, die Imigration, Zettel an der Tür, "bin in einer halben Stunde zurück" und tatsächlich taucht der Typ nach 2 ½ Stunden auch auf. Interessiert studiert er die Pässe, aha... Rolf Becker, Becker das ist doch ein deutscher Nachname, ob er deutsche Vorfahren hätte. Der Beamte quasselt Rolf auf Portugiesisch die Ohren voll, was Rolf mitbekommt ist, dass irgend ein Becker im zweiten Weltkrieg irgend was gegen Hitler unternommen hat. Später hören wir, dass der Typ von der Emigration als Hitler Freund bekannt ist. Soll ein richtiges Ekel sein der mit seiner Kundschaft kein Wort spricht. Da er aber nett war und mit Rolf gesprochen hat, müssen wir wohl annehmen, dass dieser Becker etwas für und nicht gegen Hitler unternommen hat, Autsch........ Soweit zu den Spielregeln die man in einem fremden Land erst mal begreifen muss. Nach der Emigration muss Rolf noch zum Zoll, zur Gesundheitsbehörde und zur Capitaneria. In Salvador liegen all diese Ämter mehr oder weniger beieinander, so sind dann die Behördengänge in 1 ½ Tagen abgeschlossen. Ausser ein paar Nerven hat das ganze nichts gekostet, also doch nicht korrupt.

Inzwischen haben wir herausgefunden, dass man das Dinghy am Steg der Marina lassen kann, wo es bewacht wird. Die Wachposten der Marina sind sogar bewaffnet. Ui,ui, ui.... ist das so gefährlich hier? Kostet allerdings 3 Reais am Tag, für diese drei Reais kann man aber die ganze Infrastruktur der Marina nutzen. 3 Reais = ca. 1Euro, da kann man nicht viel sagen. 1 Real = 0.55 Fr. / 0.35 € .

Zur Infrastruktur der Marina gehört auch Bruno, ein Franzose der schon 28 Jahre hier lebt. Bruno organisiert alles für die Yachtis, und gibt gerne Auskunft, in einer Sprache die wir verstehen. Er lässt einen Segelmacher kommen dem wir unsere Genua anvertrauen können, die bei der Überquerung ziemlich gelitten hat. Rolf lässt einen Kostenvoranschlag machen, ups..... nicht ganz billig. Es ist nicht die Arbeit die teuer ist sondern das Material, hier wird auf alles das importiert wird fast 100% Steuer erhoben. Wie wir später feststellen ist alles was mit Booten zu tun hat importiert, somit doppelt so teuer wie bei uns. Auch wollten wir hier aus dem Wasser, unser Antifouling hat dringend einen neuen Anstrich nötig. Auch dies ist unverhältnismässig teuer. Boote gelten hier als “rich men's sport“ und so sind auch die Preise. Wir haben uns das etwas anders vorgestellt.

Die beiden verbringen viel Zeit bei Bruno, er weiss viel zu erzählen und es ist immer lustig. Bruno hat viel Zeit und plaudert gerne mit den Leuten. Die Marina ist staatlich und hat 40 Angestellte, wie ihr oben auf dem Bild seht hat die Marina zwei Stege, einer davon ist für Langlieger, kein Wunder hat Bruno nicht allzuviel zu tun. Er meint diese Marina könnte von einer Person geführt werden, aber das sei halt eben das Problem Brasiliens, zuviele Angestellte für einen Job.

Wir fragen Bruno wo man mit Visa Geld bekommt und wo man Einkaufen geht. Nur schon über einen Gang zur Bank weiss er einiges zu berichten. Man müsse da aufpassen, wenn man eine Bank verlässt, könne es gut sein das man verfolgt werde, daher solle man immer unter möglichst vielen Leuten bleiben. Hier sollen täglich Touristen und reiche Leute die gerade eine Bank verlassen haben in Kofferräumen von Autos verschwinden. Nach Herausgabe von Geld, Karte und Code werden die meisten Leute wieder freigelassen. Aber eben nur die meisten. Somit ist im allgemeinen das benützen von Plastikgeld ein Risiko. Auch Busse werden täglich überfallen, vorne und hinten steigt einer mit Knarre ein und ein Fahrgast nach dem anderen wir um etwas Kleingeld gebeten.

Der erste Gang in die Stadt, Geld holen. Erni und Rolf klappern eine Bank nach der anderen ab, am Schalter bekommt man mit Karte so oder so kein Geld und die Automaten spucken auch nichts aus. In einer Bank fliegt Rolf gleich wieder raus, seine Designer Hose die richtig Geld gekostet hat, aber nur ¾ lang ist wird nicht akzeptiert. Erni ebenfalls in ¾ Hose schmeissen sie nicht raus, Frauen dürfen das eben. Rolf überlegt noch ob er den fehlenden unteren Viertel bedecken könnte in dem er seine Hose einfach um die entsprechende Länge herunterlassen würde. Erni meint er soll das lieber bleiben lassen. Mit Visa Karte und ¾ Hose bekommt man also kein Geld. Am nächsten Tag widmen sich die beiden nochmals dem gleichen Thema, diesmal in langen Hosen und Master Card und siehe da sie haben Erfolg.

Nach vier Tagen sind die beiden soweit, dass sie das Land betreten dürfen und Geld in der Tasche haben. Also geht's zum Einkaufen. Mit einem kleinen Zettel in der Hand, auf den Bruno geschrieben hat welche Busse in die Richtung des Einkaufszentrums fahren, stehen die beiden etwas verwirrt in der brütenden Hitze an der Bushaltestelle. Das ganze erinnert etwas an ein Wespennest. Fahrpläne gibt es keine, es sind immer mindestens 10 Busse gleichzeitig an der Haltestelle und das in drei Reihen. Ein ständiges kommen und gehen, dazu kommt, dass die Busse gar nicht oder nur für Sekunden anhalten, um Fahrgäste ein- oder aussteigen zu lassen. Wie um Himmels Willen soll man da den richtigen Bus erwischen. Nach circa einer halben Stunde entern die beiden einen im Schritttempo vorbeifahrenden Bus, ihr glaubt es nicht es ist sogar der richtige. Bei der nächsten Busfahrt haben die beiden weniger Glück, zwar steht der Ort an den die beiden wollen auf dem Bus, bloss fährt dieser genau in die entgegengesetzte Richtung. Rolf spekuliert wieder mal ein bisschen rum und meint der Bus würde wohl so eine Art Rundtour machen, somit würden sie dann nach einer kleinen Stadtrundfahrt schon da landen wo sie hin wollen. Nach einer halben Stunde geht's immer noch in die falsche Richtung, nach ¾ Stunden haben die beiden die Orientierung verloren. Es regnet in Strömen und die Gegend wird immer ungemütlicher, alles sieht ziemlich verkommen aus. Nach einer Stunde ist Endstation. Im Bus sitzen nur noch zwei blöde Touris, sie erklären dem Busfahrer, dass sie nach Barra wollten. Dieser Bus fahre nicht nach Barra, aber irgendwann würde schon wieder einer dahin fahren. Diesmal stehen die beiden blöd im strömenden Regen an einer Bushaltestelle wo eigentlich nur Busse rumstehen aber keine fahren, irgendwo am Stadtrand, in einer Gehend in der sie jetzt lieber nicht sein würden. Irgendwann kommt Bewegung in das Ganze, aber auf keinem der vorfahrenden Busse steht Barra. Plötzlich kommt der Busfahrer mit dem die beiden hierher gefahren sind und scheucht sie in einen Bus. Sie wollen aber nach Barra protestieren sie, ja der fahre nach Barra, das Schild sei nur noch nicht ausgewechselt worden. Er wechselt ein paar Worte mit dem anderen Busfahrer und die beiden müssen die Rückfahrt nicht bezahlen. Nach weiteren 1 ½ Stunden sind sie dann da wo sie hin wollten. Hier in Barra leben die Leute mit Geld, und genau so sieht es auch aus. Zwischen dem was die beiden vor einer Stunde am anderen Ende der Stadt gesehen haben und dem was sie jetzt sehen, liegen Welten.

Um vom Hafen in die Altstadt zu kommen benützt man den Lift, eine Fahrt kostet 0,05 Real. (Bitte Kleingeld, genau gesagt ganz ganz ganz kleines Geld bereit halten,) In dem Turm befinden sich 4 Lifte, von denen jeder circa 50 Personen fasst. Wann auch immer man den Lift benützt herrscht Hochbetrieb.



Eine Woche nach unserer Ankunft streiken die Busse und wenn die Busse streiken, streiken auch die Angestellten des Liftes. Eigenartig daran ist nur, dass der Lift trotzdem fährt, kostet dafür einfach nichts. Es sind keine Leute an den Kassen und man muss selber auf den Knopf drücken. Ich für meinen Teil bin mir nicht ganz sicher, ob ich bei dieser Sachlage das Risiko eines Streiks eingehen würde. Um den Lift zu betreiben "braucht“ es 12 Leute, je 2 oben und unten an den Kassen, je 2 oben und unten um die Leute auf die Lifte zu verteilen, und je einen in jedem Lift der auf den Knopf drückt. Die Leute im Lift die den Knopf für auf und ab betätigen sind am wenigsten zu beneiden. Apathisch sitzen sie auf einem Stuhl im Lift, in den kein Tageslicht kommt, drücken auf oder ab, und atmen den Schweissgeruch ihrer Fahrgäste ein. Diese Leute versuchen krampfhaft ihren Blick ins leere zu richten, was zugegebenermassen nicht ganz einfach ist , sind auf deren Augenhöhe bei jeder Fahrt doch so circa 50 Ärsche. Wir fragen uns, ob Schweissgeruch in genügend hoher Konzentration auch halluzinierende Wirkung haben kann, irgendwie machen die Leute einen voll bekifften Eindruck.

Die Altstadt ist sehenswert.



Viele barocke Bauwerke davon viele Kirchen. In Salvador soll es möglich sein, jeden Tag im Jahr eine andere Kirche zu besuchen, es soll über 360 geben. Es sind aber nicht die alten Kirchen die benutzt werden, die Kirchen in denen wirklich etwas los ist, sind irgendwelche Hallen in denen Plastikstühle stehen, ganz ohne Prunk, auch die Schilder die darauf hinweisen, dass sich hier eine Kirche befindet, sind für unsere Augen eher ungewohnt.



Die Altstadt ist für Touristen und so sieht sie auch aus, alles ordentlich und sauber, an jeder Ecke ein Polizist, der aufpasst, dass keinem der Touristen das Portemonnaies geklaut wird. In anderen Teilen der Stadt sieht es schon ein bisschen anders aus. Strassenkinder die auf Kartons auf dem Trottoir liegen. Was uns allerdings überrascht ist, dass auch in den Armen Teilen der Stadt die Strassen relativ sauber sind. Ganz anders als das was wir in Marokko gesehen haben.

Ein Typisches Bild für Salvador verfallene Häuser stehen neben Neubauten. Platzmangel scheint es hier nicht zu geben alte Häuser werden dem Verfall überlassen, wir fragen uns wieviel Tote und verletzte es durch einstürzende Mauern in dieser Stadt gibt.



Hab ich schon erwähnt, dass wir hier und jetzt Winter haben. Trotz Tagestemperaturen um die 27 Grad hat Erni das sofort begriffen und sich eine anständige Erkältung zugelegt. Nach einer Woche hat sie Rolf auch überzeugt, dass sich sowas im Winter einfach gehört. Vom Winter an und für sich ist nicht viel zu spüren, hier bedeutet Winterzeit Regenzeit. Anfangs freuen wir uns sogar über das Wasser, das vom Himmel fällt, in den drei Monaten auf den Kapverden haben wir keinen einzigen Regentropfen gesehen, dafür umso mehr Staub. Plötzlich ist Süsswasser kein Problem mehr, mit unserem Sonnendach sammeln wir mehr als genug. Wenn eine Kaltfront kommt, regnet es so zwei bis drei Tage, meistens in Strömen, danach ist es wieder für ein paar Tage schön. Man könnte sagen Sonnen- und Regentage halten sich so etwa die Waage, also nicht ganz so schlimm. Dass hier eine Kaltfront von Süden kommt, geht uns immer noch etwas gegen den Strich. Jedenfalls ist dem ganzen Regen die üppige Vegetation zu verdanken, nach drei Monaten braunen staubigen Felsen und Sand, was auch seinen Reiz hat, können sich unsere Augen an dem ganzen grün nicht satt sehen. Zwischen das ganze grün mischen sich die Farben der Früchte und Gemüse die in der ganzen Stadt auf der Strasse angeboten werden. Das Angebot ist gigantisch und das zu Preisen die wir erst mal begreifen müssen. 3 riesige Mangos, circa 1,5 Kg kosten 2 Reais / 0.7€, eine Ananas 1 Real / 0.35€

Auch Fleisch ist für uns sehr preiswert, 1Kg Rindsfilet 9 Reais / 3.10€. Spannend ist noch, dass man ein Rindsfilet nur ganz kaufen kann, also entweder mindestens 2 Kg Fleisch oder gar nichts, Zigaretten hingegen kann man einzeln kaufen obwohl diese auch nicht teuer sind ( 1 Paket 2 Reais = 0.70€), verstehe einer die Brasilianer. Im Restaurant bekommt man ein einfaches Menue für 6 Reais / 2.10€. (Fleisch, Reis mit roten Bohnen und Salat) Allerdings ist nicht alles derart Preisgünstig. Esswaren die nicht in den Brasilianischen Alltag gehören, wie zum Beispiel Jogurt, spezielle Käse und irgendwelche Müesli kosten etwa gleich viel wie bei uns. Und eben, alles was importiert ist kostet doppelt so viel wie bei uns. Das Angebot der Preisgünstigen Sachen ist aber derart gross, dass man gut auf den Rest verzichten kann. Ja für uns ist das alles halb geschenkt, nicht so für die Einheimischen. Ein Arbeiter verdient so circa 350 Reais.

Es dauert keine Woche bis die beiden vom Stadtleben wieder mal so richtig die Schnauze voll haben, das hindert sie aber nicht daran noch weitere zwei Wochen zu bleiben. Wieder mal haben sie tausend Ausreden, „wir konnten nicht vorwärts machen weil die Busse streikten, wir waren krank, wir mussten so lange auf die Genua warten“ und so weiter. Nach über drei Wochen, geht's dann endlich weiter, die Baía de Todos os Santos bietet unzählige Möglichkeiten.



Als erstes geht's nach Itaparica. Die Touristen-Insel, auf der momentan aber sozusagen keine sind, ja es ist Regenzeit. Wir können uns die Insel mehr oder weniger mit den paar Yachtis teilen die hier vor Anker liegen.



Ein bisschen baden ein bisschen Surfen, dann soll's weiter gehen zum Wasserfall. Geheimtipp, man kann den ganzen Canal de Itaparica befahren bis zum Wasserfall, der sich direkt ins Meer stürzt. Das wollen sich die beiden keinesfalls entgehen lassen. Es dauert ein paar Tage, bis sich ein sonniger Morgen präsentiert. Segel setzen und ab geht's. Die fahrt ist wunderschön, Segeln wie im Ententeich, dazu Natur pur. Nach zehn Seemeilen müsste eigentlich der Wasserfall auftauchen, tut er aber nicht. Laut Karte müsste er genau hier sein, wir fahren etwas näher ans Ufer. Da ist er ja....... !!!!!, der Wasserfall der sich direkt ins Meer stürzt.



Das Bild das sich uns zeigt, deckt sich nicht ganz mit unseren Vorstellungen, der Geheimtipp (Wasserfall) fällt für Schweizer Verhältnisse etwas mickrig aus. Macht aber nichts, schön ist es hier alleweil. Hier herrscht die Ruhe selbst. Abgesehen von Vogelgezwitscher und dem plätschern des Wasserfalls, total die stille Rille.

Für drei Tage scheint die Sonne, solange bleiben wir auch, mit der nächsten Südfront, geht's dann zurück nach Itaparica, nun ist das segeln im Ententeich aber nicht mehr ganz so gemütlich.



Nach ein paar Tagen Ruhe wieder voll ins Gesellschaftsleben. Dazu gehört auch büchertauschen. Kein Yachti hat soviel Bücher wie er Zeit hat welche zu lesen, also werden immer und überall Bücher getauscht. Hie und da kommt man an Bücher deren Äusseres einiges mehr erzählt als sie inhaltlich zu bieten haben. Hundertmal gelesen, zerfleddert, zwischen den Seiten kleben Dinge die die Fantasie anregen. Fantasie braucht man auch oft am Ende solcher Bücher, kann schon mal vorkommen, dass die letzten zwanzig Seiten fehlen. Rolf liest hier gerade zwischen den Seiten, nein nicht zwischen den Zeilen, zwischen den Seiten, ob das was zwischen Seite 152 und Seite 153 klebt wohl schon mal eine Magenwand von innen gesehen hat? Seekrankheit soll ja weit verbreitet sein.



Nicht nur der Mensch, auch der Yachti ist ein Herdentier. Ein typisches Beispiel zeigt sich in den Dryouts vor Itaparica. Auch wenn das Leben hier fast gar nichts kostet, gibt es Low-budget Segler die wissen wie man an Esswaren kommt die gar nichts kosten. Ein Low-budget Segler buddelt also eines schönen Tages bei Niedrigwasser auf einer trocken gefallenen Sandbank rum. Im Ankerfeld werden einige Feldstecher gezückt, „was macht der den da“? „Aha... der buddelt Muscheln aus, sowas wie Vongole, die befinden sich so etwa eine Handbreit unter dem Sand. schwuppdiwupp... und schon sind sozusagen alle Ankerlieger mit Eimern und irgendwelchem Schab-Werkzeug auf der Sandbank.



Leute mit Kindern an Bord benützen vorzugsweise das "Sändeli-Werkzeug" ihrer Sprösslinge. Eifrig graben Mami und Papi im Sand, die plärrenden Rotznasen ignorierend die ihre bunten Schaufeln, Rechen und Eimerchen zurück haben wollen.

Yachti-Kinder unterscheiden sich im allgemeinen nicht von anderen Kindern. Es ist nur so, dass bestimmte Verhaltensweisen die Kleinkinder an den Tag legen auf einem Boot ganz andere Auswirkungen haben können. So zum Beispiel die “ich schmeiss jetzt alles weg Phase“ Knirpse an Land, schmeissen dann alles was ihnen in die Finger kommt aus dem Kinderwagen. Knirpse auf Schiffen schmeissen in dieser Phase alles über Bord, was die Wiederbeschaffung erheblich erschwert oder gar verunmöglicht. Papas Werkzeug oder herumliegende Handys sollen besonders beliebt sein.

Yachti Eltern müssen auch Entscheidungen treffen von denen andere Segler verschont bleiben. So zum Beispiel die Wahl der Windeln in Südafrika. Wie wir gehört haben, soll das da nicht ganz einfach sein, hat man doch die Wahl zwischen Windeln auf deren Verpackung ein weisses Kind, ein Mischling oder ein schwarzes Kind abgebildet ist. Ihr dürft mal raten welche die teuersten sind, ja genau die mit dem weissen Kind auf der Verpackung, so nun strengt mal eure Hirnwindungen an um herauszufinden welche die billigsten sind. Wie ist das nun, wenn ein Low-budget Segler für sein weisses Kind die billigsten Windeln kauft auf denen ein schwarzes Kind abgebildet ist, kann, soll, darf, will, muss man sowas in Zusammenhang mit Apartheid bringen, oder kann, soll, darf, will, muss, man das auf gar keinen Fall?

Zusammen mit anderen sind wir auf einem Holländischen Boot zu einem Eintopf eingeladen, darin befinden sich unter anderem auch die oben erwähnten Muscheln. Wieder einmal eine dieser erfrischend unkomplizierten Einladungen, jeder bekommt irgend einen Behälter und einen Löffel. Obwohl der Eintopf ausgezeichnet schmeckt, geht es bei solchen Anlässen nur nebensächlich ums Essen, Hauptsache ist das Beisammensein und Geschichten erzählen. Immer wieder beliebt sind Tatsachenberichte in denen irgendwelche Polizisten, Beamten oder sonstige Behörden die Hauptrolle spielen. Einer der Anwesenden hat zu diesem Thema einiges auf Lager, wir wollen ihn hier mal Abraham nennen. Abrahams imposante Erscheinung hat bei irgendwelchen Offiziellen seit einem bestimmten Tag im September 2001 eher Nach- als Vorteile, auch sein Vollbart sorgt nicht unbedingt für mehr vertrauen. Als ob das nicht schon reichen würde hat Abraham auch noch eine besondere Begabung diese Leute zu reizen, so zum Beispiel in Gibraltar. Abraham versumpft auf irgendeiner Party, ziemlich spät oder eher früh, macht er sich auf den Heimweg. Unser zwei Meter langer Abraham ist mit einem 7 Meter kurzem Segelboot unterwegs und wie das so ist, zu kleinen Booten braucht man auch kleine Beiboote, wegen verstauen und so. Abraham hat sich für ein Bananaboat entschieden, diese Dinger lassen sich zusammenfalten, was sehr praktisch ist, leider sind diese Dinger etwas instabil und somit nicht gerade für Langstrecken bei Wellengang geeignet. In Gibraltar ist es aber so, dass der Ankerplatz ziemlich weit draussen liegt und oft auch viel Wind herrscht, was viel Wellengang bedeutet, so auch an diesem Abend. Abraham stinkt das nun saumässig mit seiner kleinen Badewanne so weit gegen den Wind zu rudern. Da gibt es nämlich eine Alternative, das heisst für normale Menschen eigentlich nicht, für Abraham aber schon. Die Landepiste vom Flughafen führt direkt ins Wasser hinaus, ihr Anfang beziehungsweise Ende ist nicht sehr weit vom Ankerfeld entfernt. Auf dem Flughafen ist in dieser Nacht nichts los, die Piste liegt im Dunkeln. Abraham packt sich sein Beiboot kurzerhand auf den Rücken und läuft auf der Piste Richtung Ankerplatz. Muss ungefähr so ausgesehen haben.



Doch plötzlich steht unsere überdimensionierte weisse Schildkröte im Scheinwerferlicht. Mal ehrlich Leute es ist der Coast Guard nicht zu verübeln wenn sie sowas als eher verdächtig einstuft, zumal die Landepiste des Flughafens auch noch die Grenze zwischen Gibraltar und Spanien bildet. Abraham ergreift die Flucht, rennt, schmeisst sein Bananaboat ins Wasser und rudert unter einem ankernden Katamaran hindurch zu seinem Boot. Zufrieden schmeisst er sich in seine Koje. Aber nicht lange, nach etwa zwei Stunden Schlaf immer noch alkoholisiert (übelster Zustand also) bekommt Abraham Besuch von der Coast Guard, die Jungs haben da ein paar Fragen. Obwohl Abraham bemüht ist die Fragen wahrheitsgetreu zu beantworten, fühlen sich die Beamten irgendwie verarscht, sie nehmen das ganze Boot auseinander. Abraham nimmt's gelassen, bei dieser Gelegenheit seien Gegenstände an Tageslicht gekommen die er schon lange gesucht habe.

Abraham hat nochmals eine Story... Eines Abends irgendwo zu Fuss in Brasilien an Land unterwegs, begegnet er einem Polizisten der seinen Ausweis sehen will. Selbstverständlich habe er diesen nicht dabei meint er, der sei auf seinem Boot, wo er ihn aber gerne holen könne. Nix is meint der Polizist, er komme mit zu seinem Boot, vermutlich ist er der Meinung, dass Abraham die Flucht ergreifen will. Abraham kennt das schon, er spekuliert darauf, dass der Polizist keine Lust mehr hat seine Ausweise zu sehen sobald er sein Bananaboat sieht. Nicht aber in diesem Fall, er sei Marine Polizist das mit dem Beiboot sei kein Problem. Was kein Problem ist für den Polizisten ist aber eines für Abraham. Für diesen sieht es nun so aus, dass er zwar mit dem Polizisten zum Schiff rudern könnte nicht aber wieder zurück, da die Strömung einfach zu stark ist. Bis die Strömung kippt würde es so circa 5 Stunden dauern, Abraham hat aber überhaupt keine Lust die halbe Nacht mit dem Polizisten auf seinem Boot zu verbringen Er erklärt das dem Polizisten, dieser lässt aber nicht locker, er will mit einem Fischerboot zum Ankerplatz fahren. Gesagt getan. Polizist und Fischer nehmen im Cockpit platz, während Abraham seine Papiere holt. Mit seinen Papieren bewaffnet gesellt sich Abraham zu den beiden, wohl wissend, dass bei der jetzigen Verteilung des Gewichtes das Cockpit voll laufen wird. Ein kleines Schiff derart falsch belastet hat unweigerlich zu Folge, dass ein selbst lenzendes zum selbst füllenden Cockpit wird. Fischer und Abraham haben damit kein Problem die beiden sind barfuss und in kurzen Hosen, der Polizist aber mit blitz blank polierten Lederschuhen versucht diese vom Untergang zu retten indem er die Füsse auf die Sitzbank hebt. Freundlich meint Abraham, dass er dies nicht akzeptieren könne, also bleibt dem Polizisten nichts anderes übrig, als seine Schuhe dem Salzwasser auszusetzen, ohne die Miene zu verziehen sitzt er bis fast zu den Knien im Wasser und studiert die Papiere, an denen es nichts auszusetzen gibt. Abraham grinst in sich hinein, aber nur so lange bis der Fischer die Summe nennt die er für den Transport des Polizisten haben will. Polizisten zu reizen ist generell keine besonders gute Idee, Polizisten in bestimmten Länder zu reizen ist eine ganz und gar schlechte Idee, Brasilien ist eines dieser Länder. Alles diskutieren nützt nichts, Abraham bezahlt die verlangte Summe, schliesslich ist der Fischer in Begleitung eines Polizisten. Es ist offensichtlich, dass der Polizist die Summe kassiert, für den Fischer wird da nicht viel herausspringen. Mit Siegesmiene wechselt der Polizist vom Segel- aufs Fischerboot dabei macht er einen Fehler, er steht wenn auch nur kurz, auf den Rand des Bananabootes, ja und eben die Dinger sind etwas Instabil. Spläsch macht's und für eine Moment schwimmt nur noch die Uniformmütze an der Oberfläche. Das auftauchen des Polizisten hat Abraham nicht mehr gesehen, schnell ist er in seinem Boot verschwunden, ein Lachen in diesem Moment wäre wahrscheinlich sein finanzieller Ruin gewesen.

Obwohl es uns nie langweilig wird in Itaparica wollen wir nun doch noch etwas mehr sehen von der Bucht. Wir wollen den Rio Paraguaçu hinauf bis nach Cachoeira.



Am ersten Tag fahren wir mit auflaufendem Wasser bis Maragojipe (Flussarm der nach Süden läuft, oben links auf der Karte), obwohl sich die beiden Schlaumeier erst mal daran gewöhnen müssen das hier die Flüsse in beide Richtungen fliessen haben wir bis hier hin keine Probleme. Ebbe und Flut haben Auswirkungen bis weit ins Landesinnere, bis Maragojipe ist aber auch bei Niedrigwasser überall genug Wassertiefe. Am nächsten Tag geht es weiter nach Cachoeira, (Flussarm der nach Norden läuft). Wie ihr auf der Karte seht, wird es da schon etwas schwieriger mit den Wassertiefen. Den Fluss hinauf bis Cachoeira gibt es keine Karte, hier fährt man nur nach Wegpunkten, was etwas den Nachteil hat, dass man keine Ahnung hat wie tief das Wasser ist, von Auge kann man auch nichts sehen, das Wasser ist Kaffee braun. Kein Problem meint Rolf, für etwas hat man ja einen Integralschwerter. Kaum ist der Anker oben, haben wir aber schon das erste Problem, wir sind mitten im einem Fischernetz, die Fischer haben hier die Angewohnheit ihre Netze mit durchsichtigen Petflaschen zu markieren, ich muss wohl nicht sagen, dass man diese nicht besonders gut sieht, vorallem wenn diese auch noch 50 cm unter Wasseroberfläche schwimmen. Die beiden lösen das Problem aber ohne irgendwelchen Schaden zu nehmen oder anzurichten. Wieder draussen aus dem Netz rufen uns Fischer zu, „was wollen denn die nun schon wieder, ist da nochmals ein Netz“?. Nein die beiden wollen nur mitgenommen werden über die Bucht, paddelnderweise ein weiter Weg.



Wir nehmen die beiden ins Schlepptau und Rolf gibt noch ein kühles Bier aus. Unser Weg geht nach Norden, die beiden wollen nach Süden, also hängen wir sie gegenüber von Maragojipe ab. Bis São Francisco alles o.k. von hier aus sind Pfähle ausgesteckt die den Weg von Ost nach West markieren. Schnell stellen die beiden fest, dass ihre Wegpunkte nicht mit den ausgesteckten Pfählen übereinstimmen. Was sie auch schnell feststellen ist, dass wir bereits aufgelaufen sind. Macht nichts, meinen Smart und Clever wir sind ja extra bei auflaufendem Wasser losgefahren, einfach etwas warten und unser Schiff schwimmt wieder. Ich kann nicht mehr sagen wie oft wir aufgesessen sind bis wir die Bucht überquert haben. Nun haben wir fast Hochwasser und sitzen wieder auf, diesmal kommt aber doch etwas Nervosität auf, wir befinden uns in der Flussmündung und die Strömung hat ganz schön Zoff. Und was macht diese blöde Strömung, die drückt uns quer auf eine Sandbank. Ach du Scheisse in diesem Fall hilft es auch nichts mehr wenn das Wasser steigt, wir kleben an der Sandbank, und wie gesagt wir haben Springtide, wenn wir jetzt nicht wegkommen können wir 14 Tage warten bis zum nächsten Versuch, dann ist nämlich Leermond was auch Springtide bedeutet. Unter diesen Umständen kommt dann doch etwas Hektik auf, mit voller Motorkraft kommen wir schlussendlich dann doch noch frei. Wir fahren weiter den Fluss hinauf, die Wegpunkte gehen kreuz und quer durch den Fluss, zu allem Elend befinden sich auf unserer vorgegebenen Route immer wieder Fischernetze, was unter anderem zur Folge hat, dass wir bis Cachoeira noch zwei mal aufsitzen . Ziemlich geschafft schmeissen wir den Anker vor Cachoeira.



Übrigens andere Segler fahren mit dem Schiff bis Maragojipe und nehmen dann den Bus nach Cachoeira. Diese Fahrt gibt aber doch noch etwas Anlass zum nachdenken. Anstatt nur nach Wegpunkten zu fahren hätten Clever und Smart vielleicht mal auf die oben gezeigte Karte schauen können, dann wäre ihnen vielleicht aufgefallen das das Ganze bei Niedrigwasser gar nicht möglich ist. Dann wäre noch zu beachten aus welchem Jahr die Wegpunkte stammen, ziemlich einleuchtend, dass Sandbänke in fliessenden Gewässern nicht immer am selben Ort bleiben. Ja aber wo gehn sie, wo gehn sie denn hin?

Der mühsame Weg hat sich gelohnt, wir sehen zum ersten mal eine Ortschaft im Landesinneren von Brasilien, man fühlt sich Jahrzehnte zurück versetzt.



Vor einer Woche war eines der grössten Feste Brasiliens, São João, da haben wir natürlich kräftig mitgefeiert, in Stassenbars wurden Drinks verkauft natürlich auch Caipirinhas, ein Drink 2 Reais = 0,7 €, den Tag danach konnten wir streichen. Hier in Cachoeira geben die Leute nicht so schnell auf, nach einer Woche wird hier immer noch São João gefeiert. Wir kommen wieder voll in den Genuss, auf beiden Seiten des Flusses befindet sich eine Ortschaft, überall Musik bis in die frühen Morgenstunden, auf dem Wasser wird der Schall besonders gut übertragen wir haben unseren Anker mitten auf einem Rummelplatz geschmissen, was so nach drei Nächten dann doch etwas auf die Nerven geht. Unter anderem haben die Leute hier die Angewohnheit Morgens um 5 Böllerschüsse loszulassen.

Das Schmuckstück vom Rummelplatz ist ein Riesenrad auch wenn eine Fahrt nicht viel kostet verzichten wir darauf.



Obwohl uns der Antrieb ganz und gar überzeugt.



Wir machen uns auf den Rückweg, diesmal gibt es keine Schwierigkeiten, erstens starten wir eine Stunde vor Hochwasser und zweitens wissen wir jetzt wo die Schwierigkeiten liegen. Einen Tag verbringen wir in São Francisco am nächsten Tag besuchen wir Maragojipe. Auch hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Praktisch alles wird auf dem Flussweg transportiert.



Rolf und Erni als ehemalige Motorradfahrer sehen ein gewisses Risiko in dieser Art Transport von Gasflaschen, hier scheint das aber üblich zu sein, auch in Cachoeira haben wir einen solchen Hauslieferdienst gesehen.



Zurück nach Itaparica, von da aus nach Salvador nochmals Geld holen und dann ein Stück weiter nach Süden. Tinharé liegt etwas mehr als 30 Seemeilen südlich von Salvador, auch hier Flüsse in denen man sich Wochenweise verweilen kann. Da einem im Winter bei einem Trip nach Süden die tendenzielle Strömung und Wind auf die Nase versprochen werden, gibt es nicht viele Schiffe die diesen Trip machen. Die meisten sind nach der Atlantiküberquerung sowieso etwas lazy. Die versprochenen schlechten Winde und Strömungen bekommen wir auf unserem Weg nach Tinharé aber nicht zu spüren, ganz im Gegenteil mit einem Affenzahn sausen wir nach Süden. Nach fast zwei Monaten Ententeich segeln ist das schon wieder etwas gewöhnungsbedürftig.



Nach nicht mal vier Stunden ist aber wieder Ententeich segeln angesagt. An der Nordspitze von Tinharé liegt Morro São Paulo, der Touristen Ort. Diesen lassen wir aber vorerst mal aus, wir haben super Wind und können im Canal de Taperoá bis nach Galeão segeln. Nur mit ausgerollter Genua machen wir immer noch 7 Knoten, ein Einbaum den wir überholen sieht sich herausgefordert, er setzt alle Segel die er hat.


Es ist kaum zu glauben, nur mit mühe hängen wir ihn ab, unglaublich was diese Dinger laufen.

 

Galeão ist ein hübsches kleines Fischerdorf.



Beim spazieren treffen wir auf 3 Franzosen, von denen einer schon länger in Morro São Paulo lebt. Die drei gehen Mittagessen, wir schliessen uns an. Das Restaurant liegt so versteckt, dass wir es alleine nie gefunden hätten, zudem sieht es aus, als könne man hier höchstens ein Bier bekommen. Dem ist aber überhaupt nicht so, Franzosen nachzulaufen wenn es ums Essen geht ist nie eine Schlechte Idee, sich von ihnen in der Auswahl beraten zu lassen noch weniger. Alles was der Fluss hergibt steht auf dem Menueplan, dazu noch einige einheimische Fleischgerichte, das ist doch nicht möglich, in so einem Restaurant eine solche Auswahl. Wir entscheiden uns für Siri, das sind Flusskrebse. Von einem anderen Franzosen haben wir uns sagen lassen, dass diese Dinger zwar „tres bon“ seien, aber „chiant“ zum essen. Beim herausfischen von Essbaren Teilen in den Tieren könne man verhungern. Kein Problem meinen unsere Begleiter hier sei schon alles zubereitet man bekomme nur die essbaren Teile auf den Teller. Beim warten auf das Essen werden wir über unser Leben auf See ausgefragt, dabei fällt uns auf, dass wir schon lange nicht mehr mit nicht Seglern über Segeln geredet haben. Alles was sonst von vornherein klar ist, ist hier alles andere als klar, folgen von Strömung und Wind müssen erst mal erklärt werden. Zum Glück ist segeln nicht das einzige Thema, gerne reden wir wieder mal mit Leuten die was ganz anderes machen. Mit der Zeit wird uns auch klar, warum es möglich ist, dass in diesem Restaurant die Auswahl so gross ist. Alles was bestellt wird, muss erst mal eingekauft werden. Nach circa einer halben Stunde trägt ein Mädchen einen Eimer mit Krebsen und einen mit Crevetten an uns vorbei in die Küche. Hat sie vermutlich soeben bei den Fischern geholt. Als einzige Gäste haben wir für vier Personen Krebse bestellt, Erni fällt fast die Lade herunter als sie sieht wieviele Krebse sich in dem Eimer befinden. Na das kann ja noch ne weile dauern bis all das Essbare aus den Tieren geklaubt ist, macht aber nichts wir haben alle Zeit, allerdings auch Hunger. Das warten hat sich aber gelohnt, eine Riesenschüssel Siri, und eine Schüssel Cameron (Crevetten) kommen auf den Tisch, dazu wie üblich Reis, Bohnen und Salat. Es schmeckt wunderbar.

Weiter geht's nach Cairu, unser Segelführer erklärt diese Ortschaft als ein absolutes muss. Nun ja, wir haben schon Ortschaften gesehen die uns besser gefallen haben. Man merkt, dass hier öfters Touristen vorbeikommen. Kaum sind wir an Land haben wir zwei Jungs am Hals die uns irgendwelche Jahreszahlen von Gebäuden um die Ohren hauen, was sie uns erzählen muss wohl stimmen denn zeitweise plappern die beiden synchron, wir haben also einen Stereoreiseführer.



Dieser Stereoreiseführer, funktioniert folgendermassen, ohne einen Knopf zu betätigen oder Geld hineinzuschmeissen, fängt er an zu plappern, Scheibe....., wie kann man das Ding denn abstellen? Ganz einfach, je ein Real und weg ist er.

Von Cairu geht's weiter im Rio Cairu nach Canavieiras.


Rolf rudert zu einem der Flosse im Hintergrund, da werden Austern angeboten.


Motorboote mit Touristen auf dem Weg nach Boipeba machen hier halt, ausser Austern wird nichts angeboten, nicht mal was zu trinken. Rolf zieht sich fünf Stück rein. Schmecken super meint er, noch frischer sind Austern wohl kaum noch zu bekommen, die haben noch nicht mal Zeit um auf Eis zu liegen.

So und jetzt wird es wieder mal spannend, Rolf braucht wieder mal eine Herausforderung, er will im Rio Inferno nach Vehla Boipeba. Wieder so ein Fluss der von Segelbooten normalerweise nicht befahren wird, unser Rolfi aber zuversichtlich wie immer meint mit 1.1 Meter Tiefgang müsste das eigentlich gehen. Was heisst “eigentlich“ meint Erni und sowieso, diesen Fluss dürfe man schon seines Namens wegen nicht befahren. Ist ja klar, dass wir nach Velha Boipeba fahren, sowas lässt sich Rolf nicht so leicht ausreden. Auch hier sind die Wegpunkte nicht besonders genau, aber mit nur zweimal leicht Grund berühren gelangen wir nach Velha Boipeba, scheinen etwas dazu gelernt zu haben die beiden.

Die Ortschaft ist zwar touristisch hat aber Charme, alles ist hübsch hergerichtet sogar Ruinen.



Beim Anblick der hübschen Ortschaft und der schönen endlosen Strände, muss Erni zugeben, dass es sich manchmal lohnt ein gewisses Risiko einzugehen.


Nach ein paar Tagen geht es zurück im Rio Inferno nach Tapuias, am nächsten Tag weiter im Rio Cairu nach Süden.

Carvalho, Fischerdorf mit Null Tourismus.



Eine dieser armen Ortschaften in denen man als Tourist mehr auffällt als ein Känguru auf Schlittschuhen. Man kommt sich irgendwie blöd vor, die Armseligkeit dieser Leute zu begaffen, anderseits bringt es den Leuten vermutlich auch etwas Abwechslung, wenn sie mal ein paar Touristen begaffen können.

Von hier aus soll es wieder auf's offene Meer gehen und dann weiter nach Camamu.

Auf's offene Meer zu kommen ist allerdings nur bei Hochwasser möglich, was heisst das für uns, früh aufstehen heisst das. Immer noch mit Wegpunkten unterwegs stellen wir fest, dass auch diese Sandbank etwas gewandert ist, hier ist das Wasser aber so klar, dass wir die Untiefe sehen können.



Als erstes schmeissen wir unseren Anker vor Campinho. Zum ersten mal seit wir Salvador verlassen haben, sehen wir ein anderes Segelboot, wir kennen die Leute bereits. Am nächsten Tag kommen nochmals zwei Boote, auch diese kennen wir. Wieder mal ein Grund ein paar feucht fröhliche Abende zu verbringen. Unter anderem laufen wir zusammen dem wieder mal endlosen Strand entlang nach Barra Grande (Nordspitze) Auf dem hinweg haben wir Niedrigwasser, der Fluss kann zu Fuss überquert werden.



Auf dem Heimweg müssen wir uns mit einem Einbaum übersetzen lassen. Mit sieben Leuten an Bord ist das Teil ziemlich überladen, da bleibt nicht mehr allzuviel Freibord. Wir sitzen alle auf unseren Fersen, obwohl wir alle Yachtis sind trauen wir uns nicht zu im Boot zu stehen, da braucht es nicht viel bis das Boot kentert.


Vor Maraú gibt es Quellwasser, wieder mal Wäsche waschen und endlos Süsswasser duschen.


In Maraú ist am Freitag Markt auch in diese Ortschaft wird so ziemlich alles auf den Flussweg transportiert.


Natürlich müssen wir auch noch zum Wasserfall, Cachoeira Veneza


Auf dem Rückweg nach Campinho geniessen wir noch ein paar einsame Ankerplätze.Es sollte wieder mal richtig eingekauft werden. In Camamu soll dies möglich sein. Eigentlich könnten wir mit unserem Boot dahin fahren, die Wegpunkte haben wir, für einmal aber verzichten wir darauf. Es gibt nämlich die Möglichkeit die Fähre zu benutzen, das tolle an dieser Fähre ist, dass sie einem direkt am Boot abholen kommt, das nicht ganz so tolle daran ist, dass das morgens um sechs ist. Nun ja - da müssen wir durch. Irgendwann zwischen sechs und halb sieben fährt die Fähre am Ankerplatz vorbei, wenn man winkt wird man mitgenommen. Man hält es nicht für möglich aber die beiden stehen tatsächlich um sechs an Deck. Die Fahrt nach Camamu dauert circa eine Stunde. Wir sind also circa um sieben in Camamu. Die Ortschaft ist so langsam am erwachen das einzige was sich auf dem Marktplatz tummelt sind ein paar Geier.



Aber schon bald erwacht die Ortschaft zum Leben. Fähren aus der ganzen Umgebung liegen am Steg.


Überall geschäftiges treiben. Um circa 12:30 fährt die Fähre zurück. Abfahrtszeiten immer circa weil auf jeden gewartet wird, der Schiffer des Bootes mit dem man gekommen ist weiss wieviele Leute er mitgenommen hat, bevor nicht alle zurück sind, fährt er nicht los, so können sich die Abfahrtszeiten schon mal um eine Stunde verschieben. Beim Einkaufen wird man kräftig von Jungs mit Schubkarren die ein paar Reais verdienen wollen unterstützt, sie bringen laufend die eingekaufte Ware auf das Schiff. Auf der Rückfahrt ist das Boot mit allem möglichen beladen Dachziegel, ein riesen Korb Brot für das Dorf und massenweise Schachteln, Körbe und Säcke. Der Gehilfe vom Schiffer kommt uns im Dorf hohlen, alles ausser uns sei an Bord ob wir auch alles hätten, ja wir haben alles, es kann losgehen.

So und jetzt kommt wieder das mit der Tide, wir haben Springtide und Niedrigwasser, wir sind gespannt wie die Profis das hier so meistern. Ein grosser Teil des Flusses liegt trocken, unser Schiffer manövriert das Schiff schlafwandlerisch durch die paar verbleibenden Pfützen. Aber dann..... hoppla wir sitzen auf. Der Schiffer gibt Vollgas nützt aber nix, alle Fahrgäste müssen sich ins Heck begeben, damit der Bug etwas mehr aus dem Wasser kommt, zusätzlich versucht der Gehilfe mit einem langen Stecken den Bug von der Sandbank zu schieben. So nach zehn Minuten sind wir wieder frei, aber nur um gleich wieder aufzusitzen, Schiffer und Gehilfe sind sich nicht ganz einig wo es nun langgehen soll, sie fangen an zu streiten. Natürlich macht der Schiffer was er für richtig hält, scheint aber nicht das richtige zu sein, immer wieder sitzen wir von neuem auf, die Fahrgäste pendeln unablässig von Bug nach Heck und von Steuerbord nach Backbord, je nach dem wie wir festsitzen. Ein anderes Boot kommt in Sicht und fährt genau auf eine Stelle zu an der wir vorher aufgesessen sind, wir sind gespannt, Das Schiff kommt mit Vollgas, wird langsamer ohne das der Schiffer vom Gas gegangen ist, das Heck hebt sich aus dem Wasser. Das Schiff schiebt sich mit Vollgas ganz langsam über die Sandbank. Ach so geht das, einfach würgen, wir waren offensichtlich einfach nicht schnell genug. Es kommen doch mehr Schiffe die sich alle gleich über die Sandbank schieben, die Fahrgäste johlen, lachen, und applaudieren nachdem das Schiff die Stelle passiert hat. Auch wir schaffen es irgendwann die Stelle zu passieren. Unser Rückweg dauert doppelt so lange wie der Hinweg, nicht nur das wir ziemlich lange brauchten um die Sandbank zu passieren, wir musste auch noch einen Umweg fahren, teilweise war auf dem Weg den wir gekommen sind überhaupt kein Wasser mehr.

Wir bleiben noch ein paar Tage in Campinho, dann müssen wir uns auf den Rückweg nach Salvador machen, unsere Aufenthaltsbewilligung läuft ab, diese können wir aber nochmals um drei Monate verlängern lassen. Beim Unterwasser putzen hat Rolf festgestellt, dass wir einen Riss im Schwert haben, wollen mal hoffen das uns das Teil auf dem Rückweg nicht ganz abbricht.

Wir machen noch Halt in Morro São Paulo, da ankern wir neben zwei Crevetten Fischern, mit den Schaufeln auf der Seite wird der Meeresboden abgegrast.



Rolf schwimmt mal rüber, fragen ob sie Crevetten verkaufen. Er kommt zurück mit einem Kilo Riesencrevetten, unser Abwaschbecken dient als Transportschiff. Ein Kilo Crevetten kosten 10 Reais = 3.5 € Riesencrevetten kosten doppelt so viel, wir staunen immer wieder was man hier bekommt fürs Geld.

Tourismus pur in Morro São Paulo aber immer noch sympathisch. Wo viel Tourismus ist, braucht es heutzutage auch viel Internet, das hat es auch, um eines zu finden muss man einfach den blauen Ethernetkabeln nachlaufen, die mit Strom, Telefon und sonstigen Kabeln in der Gegend rumhängen. Einfach den blauen Kabeln folgen bis sie in einem Haus verschwinden. Hier gibt es keine Autos, alles Sandstrassen, dafür gibt es Taxis.


Darin kann man allerdings nur Waren transportieren lassen.

Etwa zehn Seemeilen vor Salvador sehen wir zum ersten mal Wale, leider sind sie zu weit weg um mit unserem zweifach Zoom vernünftige Fotos zu machen. Aus dieser Entfernung kann man nicht sagen was für Wale das sind, aber das sie riesig sind entgeht einem nicht. Wir sehen immer wieder die Wasser Fontänen wenn die Tiere ausschnaufen, eines der Tiere schlägt unaufhörlich mit der Schwanzflosse auf das Wasser. Nach einer halben Stunde Wale gucken, haben die beiden plötzlich andere Interessen, unsere Angelrute saust los. Ups, das scheint etwas grösseres zu sein oder zumindest ein guter Kämpfer. Jetzt heisst es möglichst schnell Fahrt aus dem Schiff nehmen, sonst reisst die Angelleine. Wir haben eine richtige Angelrute und so eine Spielzeug Rute natürlich gehen die grossen Fische immer an die Spielzeugrute, es ist zum blöd werden. Wir fragen uns wie weit sich die Rute noch biegen kann bevor sie bricht, Rolf ganz im Jagdfieber ist am kurbeln wie blöd, nur nicht die Bremse zu sehr anziehen, sonst knallts. Ja so geht das dann etwa eine halbe Stunde, Rolf zieht Silch rein, Fisch zieht Silch raus, Erni fischt in der Zwischenzeit ein bisschen in der Nase und faselt was von Sisifus. Schlussendlich haben beide Erfolg, Ernis Beute ist nicht besonders Fotogen, Rolfis hingegen kann sich sehen lassen, ein schöner Snapper.



Das letzte Stück bis Salvador einfach schönes Segeln, obwohl Rolf zur Abwechslung lieber wieder mal Bus fahren würde.